100 Jahre öffentlich geförderter Wohnungsbau in Ostbelgien

<p>Der Wohnraum in der De Grand Ry Straße in Eupen wurde 2008 errichtet.</p>
Der Wohnraum in der De Grand Ry Straße in Eupen wurde 2008 errichtet. | Fotos: ÖWOB

100 Jahre ist der öffentlich geförderte Wohnungsbau in Ostbelgien in diesem Jahr geworden. Die Geschichte beginnt am 10. August 1923, als die Baugenossenschaft Eupen gegründet wurde. Damals galt es, der hiesigen Bevölkerung günstigen Wohnraum zu ermöglichen. Das erklärt die Öffentliche Wohnungsbau Ostbelgien GmbH (ÖWOB) in einer Mitteilung anlässlich der Jubeljahres. In einer detaillierten Chronologie blickt die Wohnungsbaugesellschaft nun auf ihre bewegte Geschichte zurück.

Demnach ist als erste große Bautätigkeit im Jahr 1925 die Errichtung einer Siedlung mit 50 Wohnungen in der Gülcherstraße erfolgt. Nach Kriegsende setzte in den 1950er-Jahren eine starke Bautätigkeit ein. Erste Großprojekte an der Herbesthaler Straße und Simarstraße sowie auf Nöreth bescherten der Stadt Eupen 78 neue Wohneinheiten. In den 1960er Jahren wurden in der Unterstadt zwei Großprojekte in Angriff genommen. Im Bellmerin und in der Weserstraße entstanden bis 1968 jeweils 25 Wohnungen. In Eynatten, wo man 1963 entschieden hatte, sich der Eupener Baugenossenschaft anzuschließen, wurde 1968 die Siedlung „Schöne Aussicht“ aus der Taufe gehoben. Ende 1970 umfasste der Immobilienpark der Eupener Baugenossenschaft 25 Altbauten sowie 95 Häuser und 44 Appartements. Sie boten insgesamt 189 Familien ein neues Zuhause. Mit der Fertigstellung des Ibern-Viertels 1972 verdoppelte sich diese Zahl nahezu.

Kelmis und St.Vith kommen hinzu.

Pünktlich zum 60. Geburtstag der Baugenossenschaft wurde 1983 die Siedlung Schönefeld fertiggestellt. Der jahrelange Bauboom endete abrupt, als 1982 in der Wallonie ein Baustopp für den sozialen Wohnungsbau verhängt wurde. In der Folge wurde die Liste der Wohnungssuchenden immer länger.

<p>Im Jahr 1952 wurden in der Cité Jardin in Kelmis 26 Häuser gebaut.</p>
Im Jahr 1952 wurden in der Cité Jardin in Kelmis 26 Häuser gebaut.

Die Geschichte des öffentlichen Wohnungsbau beschränkt sich bei weitem nicht auf die Stadt Eupen. Rund fünf Jahre nach der Gründung der Baugenossenschaft in Eupen, am 6. September 1928, wurde in Kelmis die Gesellschaft Nos Cités gegründet. Federführend waren lokale Handwerker. Das Ziel: neuen und bezahlbaren Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung in Kelmis zu schaffen. Dabei prägten verwaltungstechnische und finanzielle Probleme die Anfangsjahre, betont die ÖWOB.

Neuen Schwung verlieh in der Nachkriegszeit Bürgermeister Peter Kofferschläger der Gesellschaft. Unter seiner Leitung wurden zahlreiche Siedlungswohnungen errichtet, unter anderem finanziert durch den Verkauf von Ziegelsteinen aus eigener Herstellung. Aus der kleinen Baugenossenschaft wurde 1958 eine Gesellschaft von regionaler Tragweite. Zahlreiche Nachbargemeinden schlossen sich der Kelmiser Vereinigung an. Nos Cités umfasste fortan sieben fusionierte Gemeinden – drei deutschsprachige Kommunen (Kelmis, Lontzen, Raeren) und vier frankofone (Welkenraedt, Bleyberg, Baelen, Thimister).

1978 hatte Nos Cités 710 Wohneinheiten fertiggestellt. In den 1980er-Jahren, als die Kredite für Neubauprojekte nur spärlich flossen, orientierte sich die Kelmiser Gesellschaft zu einem anderen Zweig des Immobilienmarktes hin: Sozialparzellierungen.

Fusion im Norden

folgt im Jahr 2002.

Und auch im Süden entwickelte sich der öffentliche Wohnungsbau über die Jahrzehnte hinweg. Die schweren Bombardierungen an Weihnachten 1944 hatten St.Vith in Schutt und Asche gelegt. Dringend wurde neuer Wohnraum für die Bevölkerung benötigt. So entstand am Rand der zerstörten Stadt eine neue Siedlung mit rund 200 Wohnungen.

Mit dem Voranschreiten des Wiederaufbaus von St.Vith verließen immer mehr Bewohner die „Neustadt“. Im Zuge der Diskussionen über eine neue Zweckbestimmung des Viertels einigten sich die Stadtverantwortlichen darauf, dort ordentliche Wohnungen für Menschen zu errichten, die sich solche kaum leisten konnten. Am 30. November 1959 wurde unter der Bezeichnung „Sozialer Wohnungsbau St.Vith“ eine Baugenossenschaft gegründet. Dieser Initiative schlossen sich nach der Jahrtausendwende auch die Nachbargemeinden Amel, Bütgenbach, Büllingen und Burg-Reuland an. Der Name der Gesellschaft lautete fortan Öffentlicher Wohnungsbau Eifel (ÖWBE) und zählte zuletzt 135 Wohneinheiten.

<p>1925 wurde eine erste große Siedlung in der Eupener Gülcherstraße errichtet.</p>
1925 wurde eine erste große Siedlung in der Eupener Gülcherstraße errichtet.

Am 20. Dezember 2002 folgte dann die Fusion der beiden Wohnungsbaugesellschaften im Norden der DG. Diesem Schritt vorausgegangen war eine entsprechende politische Forderung aus Namur, betont die ÖWOB. Der Name der neuen Gesellschaft lautete Nosbau. Durch die Zusammenlegung der Baugenossenschaft Eupen und der Kelmiser Nos Cités verwaltete Nosbau fortan rund 1.400 Wohnungen und 300 Garagen in neun Gemeinden (Eupen, Kelmis, Raeren, Lontzen, Aubel, Baelen, Bleyberg, Thimister-Clermont, Welkenraedt). Während der Verwaltungssitz in Kelmis angesiedelt wurde, war der Sozialsitz in Eupen.

Bis 2012 baute Nosbau ihren Immobilienpark weiter aus. So konnten innerhalb von zehn Jahren 223 zusätzliche Wohnungen fertiggestellt werden, sodass 3.500 Menschen in den Häusern der Gesellschaft lebten. Darüber hinaus zählten ein Hotel und kommerzielle Flächen zum Bestand.

Nosbau wird im Jahr 2020 aufgelöst.

Mit der 2018 vereinbarten Kompetenzübertragung des Wohnungswesens von der Wallonie an die Deutschsprachige Gemeinschaft wurde auf politischer Ebene eine Umstrukturierung des Sektors angestrebt, die eine Aufspaltung von Nosbau zur Folge hatte. Während die fünf frankofonen Gemeinden unter dem bisherigen Namen Nos Cités eine eigene Wohnungsbaugesellschaft gründeten, schlossen sich die vier deutschsprachigen Kommunen unter dem Namen ÖWOB (Öffentlicher Wohnungsbau Ostbelgien) zusammen. Die Auflösung von Nosbau und die Gründung der ÖWOB erfolgten schließlich am 12. März 2020.

Ein Jahr später, am 30. Juni 2021, wurde der vorerst letzte Schritt vollzogen. Die ÖWOB fusionierte mit der Eifeler Wohnungsbaugesellschaft (ÖWBE). Durch die Verschmelzung der beiden Akteure aus dem Norden und Süden der Gemeinschaft avancierte die ÖWOB GmbH zur einzigen öffentlich geförderten Wohnungsbaugesellschaft in Ostbelgien. Aktuell besitzt und verwaltet die ÖWOB GmbH 1.339 Wohneinheiten und mehr als 300 Garagen und Stellplätze. (red/svm)

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