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Im Rahmen dieser Arbeit zur genetischen Charakterisierung von 11
Gerlachia nivalis-Isolaten (siehe Tabelle 1) wurden Untersuchungen zum
Wachstumsverhalten (Wachstumskurven, Koloniemorphologie,
Resistenztests) durchgeführt. Daneben wurden Untersuchungen zur
Charakterisierung der genetischen Konstitution anhand der Protein- und
Esterasenbandenmuster sowie der Restriktionsanalyse der mtDNA
vorgenommen. Außerdem wurden in-Vivo Experimente zum Virulenzverhalten
der einzelnen Isolate gegenüber verschiedenen Wirten (Roggen- und
Weizenpflanzen) durchgeführt:
1) Unterschiede in der Koloniemorphologie zwischen den einzelnen
Isolaten wurden nur bei einer Kulturtemperatur von 8° C, jedoch nicht
bei 21° C beobachtet: Die Roggen-Isolate bildeten Viel, die
Weizen-Isolate nur wenig Luftmyzel. Zwischen den Fuberidazol-sensiblen
und -resistenten Isolaten ergaben sich hinsichtlich des Wuchsbildes
keinerlei Unterschiede.
2) Die Kernzahl pro Hyphenzelle war bei allen Isolaten gleich. Sie war
jedoch proportional zum Zellvolumen: 1,13 Kerne pro Zelle bei einer
Zellänge von 15-22 u und 2,13 Kerne pro Zelle bei einer Zellänge von
37-44 u bei gleichem Zellquerschnitt. Bei allen Isolaten wurden häufig
Anastomosenbildung beobachtet.
3) Auf allen getesteten Agarmedien zeigten die einzelnen Isolate ein
gleiches Wachstumsverhalten (Bestimmung des radialen Koloniezuwachses
pro Tag). Dasselbe galt auch für die Fuberidazol-resistenten Isolate
bei Kultur auf Agarmedien mit und ohne 20 ppm Fuberidazol.
Auch in Flüssigmedium unterschieden sich die einzelnen Isolate nicht
im Wachstumsverhalten (Trockengewichtsbestimmung, Massenzunahme an
Myzel pro Tag).
Dagegen zeigten sich Unterschiede in der pH-Wert-Änderung des
Flüssigmediums während der Kultur zwischen den Roggen- und
Weizen-Isolaten: Die Roggen-Isolate erniedrigten den pH-Wert stärker
als die Weizen-Isolate (von pH 6,8 auf 0 pH 4,25 bzw. 6 pH 4,9).
4) Die Untersuchungen zur genetischen Konstitution anhand des
Vergleichs der Protein- und Esterasenbandenmuster der 11 Gerlachia
nivalis-Isolate ergaben:
a) Das Bandenmuster der Proteine und multiplen Esteraseformen
variierte stark mit dem physiologischen Zustand des Myzels.
b) Alle Isolate wiesen unterschiedliche Bandenmuster auf. Sie müssen
deshalb als genetisch verschieden betrachtet werden.
c) Zwischen den Roggen- und Weizen-Isolaten konnten spezifische
Unterschiede gefunden werden, da innerhalb der einzelnen
Isolat-Gruppen gemeinsame homologe Banden auftraten.
d) Außerdem wurden einzelne gemeinsame Banden bei allen 11
untersuchten Gerlachia nivalis-Isolaten beobachtet. e) Unterschiede
zwischen den Fuberidazol-sensiblen und -resistenten Isolaten waren
nicht festzustellen.
5) Die Untersuchungen zur Charakterisierung der Nucleinsäuren der
verschiedenen Gerlachia nivalis-Isolate ergaben: a) Der Anteil an
mtDNA an der Gesamtmenge der isolierten DNA betrug bei den
Roggen-Isolaten 22%, bei den Weizen-Isolaten 17%. Zwischen den
Fuberidazol-sensiblen und -resistenten Stämmen traten keine
Unterschiede auf. Aus jungen Kulturen (3—4 d, späte logarithmische
Phase) konnte doppelt so Viel mtDNA isoliert werden als aus alten (7
d, Autolyse-Stadium). Bei Zusatz von Fuberidazol (Fungizid) im Medium
wurde bei den resistenten Stämmen nur noch 1/ 4 der mtDNA Menge
isoliert bei unverändertem Myzelwachstum (Frischgewicht).
b) Bezüglich der Dichte von n- und mtDNA ergaben sich zwischen den
einzelnen Isolaten keine Unterschiede in Bisbenzimide-Gradienten:
nDNA-Dichte o = 1,705 g/cm3, mtDNA-Dichte o = 1,685 g/cm3. Im
analytischen Ultrazentrifugationslauf ergaben sich für Isolat Nr. 1
und 8 folgende Dichte- und GC-Werte:
nDNA: o = 1,712 g/cm3, GC-Gehalt 53,1%
mtDNA: o = 1,688 g/cm3, GC-Gehalt 28,5%
c) Die Molekülgröße der mtDNA (ermittelt durch Restriktionsanalyse)
beträgt bei den Roggen-Isolaten 58,4 i 0,34 Kb (38,55 i 0,22 Md) und
bei den Weizen-Isolaten 66,9 i 0,74 Kb (44,15 i 0,49 Md).
d) Ein Vergleich der Restriktionsbandenmuster aller Isolate zeigte
cha- rakteristische Unterschiede zwischen den Roggen- und
Weizen-Stämmen, d. h. es traten einige für die einzelnen Stämme der
jeweiligen Isolat-Gruppe gemeinsame Banden bzw. Fragmente auf.
e) Für alle 11 Isolate konnten einzelne gemeinsame Banden (Fragmente)
beobachtet werden.
f) Unterschiede zwischen den Fuberidazol-sensiblen und -resistenten
Isolaten bezüglich der Restriktionsmuster konnten nicht gefunden werden.
g) Ferner zeigten sich keinerlei Unterschiede im Restriktionsmuster
zwischen der mtDNA aus jungen (3—4 d) und alten (7 d) Kulturen.
6) In-vivo Versuche zum Virulenzverhalten der einzelnen Gerlachia
nivalis-Isolate ergaben:
a) Aus stark mit Pilzen verseuchtem Saatgut konnten mit der
Heißwasserbeizung (Vorquellen in H20 bidest: 5 h bei R.t, Erhöhung auf
50° C innerhalb von 40 min, Inkubationen bei 50° C, 20 min, Trocknen
bei R.t.) befallsfreie Getreidekörner und -pflanzen für die
Infektionsversuche hergestellt werden.
b) Homologe Infektionsversuche (Roggenpflanzen in mit Roggen-Isolaten
verseuchter Erde, Weizenpflanzen in mit Weizen-Isolaten verseuchter
Erde) und heterologe Infektionsversuche (Roggenpflanzen in mit
Weizen-Isolaten verseuchter Erde, Weizenpflanzen in mit
Roggen-Isolaten verseuchter Erde) ergaben, daß bei den untersuchten
Gerlachia nivalis Stämmen eine Anpassung (Wirtsspezifität) an den
jeweiligen Wirt, von dem sie isoliert worden waren, vorhanden ist: Bei
homologen Infektionen konnte eine 100%ige Befallsrate beobachtet
werden, bei heterologen Infektionen im Durchschnitt nur 18%
(cytologische Auswertung). Im heterologen System konnte nur auf den
Coleoptilen Myzel nachgewiesen werden, im homologen System dagegen
auch auf den Blättern.
7) Aus den unter 1-6 aufgeführten Ergebnissen kann geschlossen werden,
daß bei den untersuchten Gerlachia nivalis-Isolaten eine
Wirtsspezifität vorhanden ist. Diese Wirtsspezifität ist sowohl anhand
von phänotypischen als auch von genotypischen Merkmalen nachweisbar.